2018 Leichter Rückgang der Baugenehmigungen insgesamt
Nach einem Zwischenhoch im Jahr 2016 ist die Zahl der erteilten Baugenehmigungen in 2018 das zweite Jahr in Folge insgesamt leicht zurückgegangen. Einschließlich der Wohnungen in neu zu errichtenden Nichtwohngebäuden sowie Wohnungen aus Baumaßnahmen wurde in 2018 der Bau von rund 346.800 Wohnungen genehmigt. Dies entspricht einem leichten Rückgang um rund 1.100 Wohneinheiten bzw. 0,3 % gegenüber dem Vorjahr.
Anstieg im Mehrfamilienhaussegment und bei den Eigentumswohnungen
Von den rund 302.200 genehmigten Wohneinheiten in neu zu errichtenden Wohngebäuden entfiel auch im Jahr 2018 der größte Teil auf das Mehrfamilienhaussegment (knapp 180.100 Wohnungen). Im Vergleich zu 2017 sind die Genehmigungen im Geschosswohnungsbau um 4,5 % bzw. 7.700 Wohnungen gestiegen. Im Bereich der Eigentumswohnungen war nach rückläufigen Genehmigungszahlen in 2017 im vergangenen Jahr wieder ein Zuwachs zu verzeichnen (+6,1 %). Eine weitere Steigerung gab es auch bei den Genehmigungen von Mietwohnungen, mit knapp 96.800 genehmigten Wohnungen wurde hier in 2018 der höchste Stand seit dem Jahr 1997 erreicht (+3,1 %).
Rückgang im Eigenheimsegment
Im Eigenheimsegment hat sich dagegen der rückläufige Trend des Vorjahres fortgesetzt: In 2018 wurden rund 110.600 Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern genehmigt, – 2,1 % weniger als in 2017
1. Halbjahr 2019: Rückgang der Baugenehmigungen um 1%
Für 2019 zeichnet sich ein weiterer Rückgang der Baugenehmigungen ab. So wurden von Januar bis Juni 2019 insgesamt rund 164.600 Wohnungen in Deutschland genehmigt, rund 2,3 % weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Ohne Berücksichtigung der Wohnungen in Wohnheimen ging die Zahl der Genehmigungen im ersten Halbjahr des laufenden Jahres um 1,0 % zurück
1. Halbjahr 2019: Deutlicher Rückgang im Geschosswohnungsbau
Nach teils hohen Zuwächsen in den Vorjahren war im ersten Halbjahr 2019 insbesondere die Zahl der Genehmigungen im Geschosswohnungsbau rückläufig (Mietwohnungen -3,3 %, Eigentumswohnungen -7,9 %), im Eigenheimsegment lag die Zahl der Genehmigungen dagegen in etwa auf dem Niveau des entsprechenden Vorjahreszeitraums (-0,1 %). Die Zahl der Wohnungen, die durch genehmigte Um- und Ausbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden entstehen sollen, stieg im ersten Halbjahr 2019 um 2,8 %.
Hemmnisse bremsen Bautätigkeit
Weiterhin bestehen diverse Hemmnisse, die eine nachfragegerechte Ausweitung der Bautätigkeit verhindern. Neben der seit Jahren bestehenden Flächenknappheit liegt vielerorts ein Mangel an Planungs- und Genehmigungskapazitäten vor. Hinzu kommen Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft, komplizierte bzw. restriktive Bauvorschriften sowie Akzeptanzprobleme neuer Bauvorhaben (Nimbyism[1]). Dementsprechend können Bauvorhaben vielfach nur mit erheblichen Verzögerungen beginnen, zudem verlängern sich die einzelnen Bauphasen.
[1] nimby = not in my backyard, engl. für “nicht in meiner Nachbarschaft”
Bauüberhang wächst
Der Bauüberhang – die Summe der bereits genehmigten aber bis zum Jahresende noch nicht fertiggestellten Wohnungen, abzüglich erloschener Genehmigungen – ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. So gab es nach Daten des Statistischen Bundesamts am Jahresende 2018 einen Überhang von rund 692.900 Wohnungen (Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden inkl. Baumaßnahmen). Der Bauüberhang in Deutschland hat sich damit innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. Der in 2018 erreichte Werte war der höchste seit dem Jahr 1999, damals lag der Überhang bei 679.200 Wohnungen.
Hohes Fertigstellungspotenzial
Die vielfach geäußerte Vermutung, Baugenehmigungen würden aufgrund wachsender Spekulation oder stark steigender Baukosten in zunehmendem Maße ungenutzt bleiben, lässt sich anhand der Statistik von Destatis gegenwärtig nicht bestätigen. So lag die Zahl der erloschenen Genehmigungen in 2018 bei rund 18.300 und damit weiterhin auf einem relativ niedrigen Niveau. In der Regel erlischt eine Baugenehmigung nach drei Jahren, wenn nicht mit dem Bau begonnen wurde bzw. dieser mehr als ein Jahr unterbrochen wurde. Je nach Landesbauordnung kann die Geltungsdauer einer Baugenehmigung auf Antrag um jeweils bis zu drei Jahre verlängert werden. Zudem betreffen die überhängenden Genehmigungen mehrheitlich Bauvorhaben, die sich bereits im Bau befinden. In 2018 waren 33,8 % der genehmigten aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen in neuen Wohngebäuden bereits unter Dach, d.h. rohbaufertig, in weiteren 27,6 % der Fälle wurde bereits mit dem Bau begonnen, die Wohnungen waren aber noch nicht unter Dach. Der Anteil von Wohnungen in Gebäuden, mit deren Bau noch nicht begonnen wurde, ist in den vergangenen Jahren in der Tendenz zurückgegangen. Im Jahr 2018 lag dieser bei rund 38,6 %, in 2009 waren es noch 47,6 %. Wenngleich in der Bauüberhangsstatistik keine Informationen dazu erfasst werden, wie viele erteilte Bauaufträge noch vor Baubeginn storniert werden und wie hoch die Zahl der stillgelegten Baustellen bei bereits begonnenen Aufträgen ist, so ist für die kommenden Jahre von einem hohen Fertigstellungspotenzial auszugehen.
Knappe Baukapazitäten verlängern Fertigstellungszeiten
Ein Erklärungsansatz für den Aufwuchs beim Bauüberhang ist, dass Bauvorhaben – u.a. aufgrund knapper Kapazitäten im Baugewerbe – in zunehmendem Maße länger dauern. Anzeichen hierfür lassen sich in der Statistik zur Abwicklungsdauer im Wohnungsbau finden, diese beschreibt die Zeitspanne zwischen der Genehmigung und der Fertigstellung eines Gebäudes in Monaten. Nach Daten von Destatis hat sich die Abwicklungsdauer in 2018 weiter erhöht auf durchschnittlich 20 Monate, im Vorjahr waren es noch 19 Monate und im Jahr 2008 18 Monate (jeweils Neubau Wohngebäude insgesamt). Im stark nachgefragten Geschosswohnungsneubau liegen derzeit durchschnittlich 25 Monate zwischen Genehmigung und Fertigstellung, im Jahr 2008 waren es noch 22 Monate. Von den in 2018 fertiggestellten Mehrfamilienhäusern wurden lediglich 29,7 % innerhalb von 18 Monaten fertiggestellt, bei knapp einem Viertel (24,7 %) dauerte der Bau mindestens 30 Monate. Die Bauzeit von Eigentumswohnungen lag im vergangenen Jahr im bundesweiten Schnitt bei 25 Monaten (2017: 24 Monate). Eigenheime erfordern naturgemäß einen geringeren Bauaufwand als Mehrfamilienhäuser, dementsprechend geringer fällt auch die Abwicklungsdauer aus: In 2018 lag die Bauzeit für Einfamilienhäuser wie im Vorjahr bei durchschnittlich 18 Monaten, die Bauzeit für Zweifamilienhäuser hat sich auf 21 Monate erhöht (2017: 20 Monate).
Regionale Unterschiede bei den Fertigstellungszeiten
Die zuvor aufgezeigte Entwicklung bezieht sich jedoch auf bundesweite Durchschnittswerte, regional bestehen teils deutliche Unterschiede hinsichtlich der vorhandenen Kapazitäten und der Auslastung im Baugewerbe sowie in Bezug auf die Entwicklung der Neubaunachfrage – quantitativ (demographisch bedingt) wie auch qualitativ und auf bestimmte sektorale Teilmärkte gerichtet. So hat sich z.B. in Berlin die Abwicklungsdauer im Wohnungsneubau seit 2008 wesentlich stärker erhöht als im Bundesdurchschnitt. Die 2018 in der Hauptstadt fertiggestellten Mehrfamilienhäuser waren im Schnitt nach 32 Monaten bezugsfertig, im Vorjahr waren es noch 29 Monate und in 2008 24 Monate. Bei Wohngebäuden mit Eigentumswohnungen lag die Abwicklungsdauer im vergangenen Jahr sogar bei durchschnittlich 36 Monaten, nach 35 Monaten im Vorjahr und 23 Monaten in 2008. Über alle Wohngebäudetypen hat sich die durchschnittliche Abwicklungsdauer in Berlin im Jahr 2018 auf 24 Monate erhöht (2017: 22 Monate).
Größere Bauvorhaben im Geschosswohnungsbau, längere Abwicklungsdauer
Insgesamt ist festzuhalten, dass der Geschosswohnungsbau – entsprechend der veränderten Nachfrage – in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen hat und in zunehmenden Maße großvolumigere Bauvorhaben realisiert werden. Diese gehen einher mit einem entsprechend höheren Bauaufwand, was sich auch auf die Abwicklungsdauer auswirkt. Seit 2008 hat sich die durchschnittliche Nutzfläche je Bauvorhaben im Geschosswohnungsbau um 23,6 % erhöht. Etwaige Unschärfen der Statistik zur Abwicklungsdauer, die aus der verspäteten Meldung von Fertigstellungen resultieren können, betreffen die gesamte Datenbasis und beeinflussen daher nicht die Vergleichbarkeit der Jahrgänge.
Autoren:
Daniel Hofmann Sebastian Wunsch
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