Nach dem Einbruch der Bautätigkeit in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre befindet sich der Wohnungsbau in Deutschland seit 2010 wieder im Aufwind. Im vergangenen Jahr dürfte die Zahl der Wohnungsfertigstellungen erstmals seit 2001 die Marke von 300.000 Einheiten überschritten haben. Nach der Schätzung von GEWOS sind in 2018 bundesweit knapp 306.000 Wohnungen fertiggestellt worden – dies schließt Wohnungen in Nichtwohngebäuden und Maßnahmen an bestehenden Gebäuden mit ein. Trotz der erneuten Steigerung ist die Bautätigkeit damit weiterhin zu schwach, um den in den vergangenen Jahren entstandenen Nachfrageüberhang nachhaltig abzubauen, wenn man einen jährlichen Baubedarf von mindestens 350.000 Wohnungen unterstellt.
Dass Deutschland bei der Bautätigkeit weiterhin viel Luft nach oben hat, verdeutlicht auch der Blick ins europäische Ausland. So ist die Bauintensität – die Zahl der Wohnungsfertigstellungen in Relation zur Einwohnerzahl – in vielen europäischen Ländern immer noch deutlich höher und Deutschland lediglich Mittelmaß. Nach Schätzungen des europäischen Forschungs- und Beratungsnetzwerks EUROCONSTRUCT wurden im vergangenen Jahr – bezogen auf die Einwohnerzahl – in Finnland die meisten Wohnungen fertiggestellt (7,6 Einheiten je 1.000 Einwohner), gefolgt von Schweden mit 7,0 Einheiten sowie der Schweiz und Norwegen mit jeweils 6,7 Einheiten. Die geringste Bauintensität weisen nach wie vor Länder im Süden Europas auf: In Spanien kamen in 2018 auf 1.000 Einwohner nur 1,5 neue Wohnungen, in Italien waren es 1,4 und in Portugal 1,0. Nach der aktuellsten Schätzung von Destatis hat sich die Zahl der Einwohner in Deutschland in 2018 auf rund 83,0 Millionen erhöht. Die einwohnerbezogene Fertigstellungsquote lag dementsprechend im vergangenen Jahr bei 3,7 Wohnungen und entsprach damit dem europäischen Durchschnitt. In Finnland, dem europäischen Spitzenreiter, war die Bauintensität in 2018 mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland.
Die Gründe für die weiterhin mäßige Bautätigkeit in Deutschland sind vielfältig. Neben steigenden Preisen für Baustoffe und Bauprodukte, langwierigen Planungs- und Genehmigungsprozessen und komplexe Bauvorschriften, stehen mittlerweile auch zunehmende Kapazitätsengpässe im Baugewerbe einer raschen Ausweitung des Wohnungsangebots entgegen. Der Weg zu einer spürbaren Verbesserung der Angebotssituation und einer damit verbundenen Entspannung am deutschen Wohnungsmarkt führt jedoch nur über die Ausweisung von mehr Bauland – in Verbindung mit Verdichtungsmaßnahmen. Hier ist u.a. die eingerichtete Baulandkommission gefragt, zügig Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Fest steht, für eine praktikable und nachhaltige Lösung des Baulandproblems wird es darauf ankommen, dass alle föderalen Ebenen zielgerichtet zusammenarbeiten. Darüber hinaus gilt es, weitere Hemmnisse und Preistreiber zu eliminieren, etwa über die Reduzierung von Bauvorschriften und schnellere Genehmigungsverfahren (Stichwort Typengenehmigungen).